It is only shallow people who do not judge by appearances. The true mystery of the world is the visible, not the invisible. Oscar Wilde in »The picture of Dorian Gray«
Was zeigen die Portraits? Das Aussen eines Outfits? Die äussere Erscheinung einer Person? Was macht es dann aber aus, dass sich die Portraitierten in dem einen Foto sehr klar wiedererkennen, im anderen dagegen gar nicht?
Das Portrait will das jeweils Eigene in der nicht selbstbestimmten Form sichtbar machen. Die Fotografin weist an: ganz frontal, schau in die Kamera, lächle nicht, stell dich aufs andere Bein, wie stehst du normalerweise, wo hast du dann die Hände, cool, genau so, nimm eine Pose ein, in der du dich wiedererkennst, das ist kein Beauty-Shooting, das Kinn ein bisschen höher.
Es dauert unterschiedlich lange, aber alle Portraitierten werden dabei ruhig, konzentriert und schön. Sie geben nicht nur ein schönes Bild ab, sondern sagen auch Dinge zu sich selbst in ihrer Kleidung, die mit dem Bild in Dialog gehen. Sie scheinen über die Kamera und die Kleidung in touch gekommen mit Gedanken, die unmittelbar geäussert jede Person jeweils anders erscheinen lassen – selbst wenn Begriffe verwendet werden, die wenig überraschen: Style, schlicht, Marken, Status, wohlfühlen, schöne Sachen, eitel. Sie werden in jedem Gespräch zu kleinen persönlichen Geschichten konstelliert. Ist Kleidung durchlässig auf die Person? Oder eine mehrschichtige Oberfläche?
Das Portraitieren füllt den Innenraum des Ecks fast vollständig aus. Eine klar strukturierte Anlage, helles Licht, ein attraktiver Raum. Wie gehen die Personen rein und wie kommen sie raus? Rein als Neugierige, Interessierte, Bekannte und raus als Elemente eines Kunstwerks, als Sujets eines Fotos, als anonyme Autor*innen von Statements, die das Projekt aus ihren Geschichten geerntet hat?
Wer gibt und wer nimmt in diesem Projekt?
Lea Pelosi
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